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Scheunendrescher Nr.9

�Scheunendrescher� spezial zum Dorfjubiläum

Wenn ein mecklenburgischer Marschall sächsisch spricht oder wie angelt man sich einen Milliardär – Gebhard Leberecht von Blücher bei Scheunendrescher Nr. 9 zu Gast

Stralendorf
– „Von Blücher lernen, heißt siegen lernen“ – so lautete das ebenso beziehungsreiche wie klare Motto für den bereits neunten „Stralendorfer Scheunendrescher“. Nummer Neun war am Freitag, dem 4. Juli 2014, in der Stralendorfer Amtsscheune zugleich der Auftakt für das diesjährige Blücher-Fest – also das Jubiläums Dorf-, Kultur- und Sportfest aus Anlass der 680. Wiederkehr der offiziellen Ersterwähnung der Gemeinde am 7. Januar 1334. Und die hatte mit einem gewissen Heinrich von Blücher zu tun, welcher über einige Umwege mit dem berühmten „Marschall Vorwärts“ Gebhard Leberecht von Blücher verwandt ist. Dieser Blücher erlebte nach seinem Sieg in der Leipziger Völkerschacht bei Leipzig 1813 und der anschließenden Verfolgung Napoleons 1814 im selben Sommer einen wahren Triumphzug von Paris und London durch Mecklenburg erlebte – so sei der Fürst in jeder Stadt, in fast jedem Dorf „auf das Herzlichste begrüßt und von den schönsten Mädchen mit Blumen geschmückt“ worden, so sein Biograph Carl Ludwig Bieske im Jahre 1862. Was lag da näher als erstens anzunehmen, dass Blücher wohl Anfang Juli vor zweihundert Jahren auch in Stralendorf bejubelt worden war, und zweitens den wichtigsten Blücher-Darsteller Klaus Beckert aus Leipzig zum hiesigen Blücher-Fest nach Stralendorf zu holen und ihn genauer kennenzulernen – und zwar sowohl als Blücher wie als Beckert. Denn wie der sächsische Gast während der ebenso unterhaltsamen wie informativen Gesprächsrunde klarmachte, sei er keineswegs Blücher, er stelle ihn nur dar. Und beides könne er auch sehr gut voneinander unterscheiden. Dennoch, so einige Gäste des vergnüglichen Abends, sei Beckerts Ähnlichkeit mit Blücher schon ziemlich frappierend frappierend …

Wenn es denn Liebe ist

Neben Herrn Blücher-Beckert hatte sich „Scheunendrescher“-Moderator Jürgen Seidel drei weitere Gäste eingeladen: So hellten die beiden Schweriner Historiker Dr. Wolf Karge und Dr. Klaus-Ulrich Keubke manche geschichtliche, militärische und nicht zuletzt menschliche Zusammenhänge auf. In kollegialer Kooperation lieferten Karge und Keubke – gewissermaßen K.u.K. – Antworten auf die Frage des Talk-Masters: Wie war er denn so? Als Mensch und als Militär? Und wie konnte er so erfolgreich sein? Eine der interessantesten Aspekte betraf zudem die Beziehung Blüchers zu seiner geliebten Male: Sein „libes Malchen“ war Blüchers zweite Frau. 1773 hatte er sich mit Karoline von Mehling verheiratet, die ihm sieben Kinder schenkte. Im Juni 1791 wurde Blücher Witwer, nachdem er bereits vier Söhne, alle im Kindesalter, zu Grabe getragen hatte. Ihm blieben Tochter Friederike, geboren 1786, sowie die Söhne Franz, 1778, und Gebhard, 1787.

Der 53jährige verwitwete General begegnete der Katharina Amalie von Colomb im Mai 1795 anlässlich eines Festessens, das deren Vater, der Präsident der ostfriesischen Kammer, in Emden ausrichtete. Amalie sah sich bereits bei diesem ersten Zusammentreffen umworben. Blücher hielt „mit jugendlichem Wagemut“ um die Dreiundzwanzigjährige an. Sie „zögerte zwar, ihr Jawort einem Manne zu geben, dessen einer Sohn, Franz, damals schon 17 Jahre zählte. Aber das Ungestüm des siegesgewohnten Husaren überwand rasch die Bedenken des Mädchens. Zwei Monate später fand die Hochzeit statt“, heißt es. Er hatte eine sehr verständnisvolle Lebensgefährtin gefunden, und es wurde eine überaus glückliche und harmonische Ehe. Und natürlich konnte es Moderator Jürgen Seidel da nicht vermeiden, die jüngste Teilnehmerin der Gesprächsrunde, die gerade 18-jährige Abiturientin und junge Lützower Jägerin Katja Poblenz, danach zu fragen, ob es denn mit so einem Altersunterschied in Ordnung gehe? „Wenn es denn Liebe ist“, lautete ihre ebenso schnelle wie charmante Antwort. Und auf Nachfrage bekannte Katja außerdem, dass sie nicht unbedingt nach einem Feldmarschall suche. Ein Milliardär könne es aber durchaus schon sein. Plus Liebe, versteht sich.

Erdbeerbowle aus Stralendorfer Erdbeeren

Unbedingt zu erwähnen sind weitere Zutaten, die zum Erfolg des jüngsten Stralendorfer Scheunendreschers am ersten Juli-Freitag beigetragen haben: Dazu gehörte die musikalische Begleitung durch eine Art „Blücher-Band“. Da sein Musiker-Kollege Dirk Hammerich (Klavier) dieses Mal aus gesundheitlichen Gründen nicht mit nach Stralendorf kommen konnte, hatte Ingolf Drabon (Saxofon) zur aktuellen Ausgabe Thomas Möckel (Klavier) und Jan Birkner (Trompete) mitgebracht. Letzterer zeigt, wie schön und blitzend der Marsch des „Alten Dessauers“, ein Solostück für Trompete in drei Posten, klingen kann. Und natürlich wünschte das Publikum in der Amtsscheune mit einem kräftigen Genesungsapplaus dem erkrankten Stammpianisten Hammerich eine gute und schnelle Besserung.

Auch für das leibliche Wohl war durch die Mitwirkung des bewährten Teams von Alfred Siering und seiner Mitarbeiter vom Landgasthof „Am Amt“ wieder bestens gesorgt. Diesmal gab es unter anderem Gulaschsuppe und eine sommerfrische Erdbeerbowle, wobei die Erdbeeren für diese Erdbeerbowle vom Obstbau Stralendorf von Walter Strube gesponsort worden waren. Herzlichen Dank!

Zum Schluss sei schließlich noch erwähnt, dass offenbar auch die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die bei der derzeitigen WM in Brasilien ihr Glück versucht, möglicherweise von Blücher gelernt hat. An diesem Abend jedenfalls bezwangen die Löw-en die Franzosen mit 1:0 und zogen damit ins Halbfinale ein. Blücher übrigens war siegesgewisser gewesen und hatte auf 3:1 getippt …

Der nächste Scheunendrescher wird ein Jubiläums-Scheunendrescher. Zur 10. Ausgabe am Freitag, dem 26. September 2014, stellen dann Jürgen Seidel und Rolf Schomann im Gespräch mit Ingrid Hoyer alias Heinrich von Blücher den zweiten Teil der Stralendorfer Gemeindechronik „Zwischen Kaiserzeit und Mauerfall. Ein mecklenburgisches Dorf im 20. Jahrhundert (1900 bis 2000)“ vor. Beginn ist wie immer 19 Uhr in der Amtsscheune.

Jürgen Seidel

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